Lockdown-Puzzle
Diese Pandemiephase scheint der perfekte Zeitpunkt zu sein, um in den Bereichen des Hauses aufzuräumen, die man sonst lässig links liegen lässt.
Also stöbere ich heute Morgen in unserem Spieleschrank herum.
Mein Blick streift das bunte Kartonchaos und ich seufze! Doch dann entdecke ich etwas längst Vergessenes:
Zwischen dem verstaubten Monopoly und der „200-Spiele-Sammlung“ klemmt ein Puzzle mit dem Namen Wasgij?. Ein „Oldschool-Puzzle“ mit echten, aus Pappe gefertigten Puzzleteilen zum Anfassen. So rein gar nichts Digital-Virtuelles, bei dem nach hundert „Puzzleklicks“ der Bildschirm vor den Augen anfängt zu flimmern.
Wussten Sie, dass es im Synonymlexikon überhaupt keine Alternative für das Wort Puzzle oder die Tat „das Puzzeln“ an sich gibt? Unter dem Buchstaben „p“ findet man zuletzt putzen. Und das ist nun wirklich keine Option. Der Begriff kommt aus dem Englischen: „to puzzle“ und bedeutet: unschlüssig sein oder sich mit schwierigen Problemen beschäftigen. Aha, klingt logisch!
Dieses Wasgij? ist ein 1000-Teile-Monstrum mit einem lustig, bunten Bild auf dem Deckel. Dort tummeln sich Massen an Comicmenschen auf einer sommerlichen Wiese vor einem Schloss und genießen das Dasein. Die Glücklichen! Etwas neidisch betrachte ich das Ambiente.
Damit das „Unternehmen Puzzle“ nicht zu einfach wird, ist dieses Bild nicht das gepuzzelte Endergebnis, verrät mir die Rückseite des Kartons. Es ist nur ein Hinweis auf die Szenerie, die eine der Comicdamen im Mittelpunkt sieht.
Mein Ehrgeiz ist geweckt und die Ordnung im Schrank muss warten.
Die tausend Teile sehen zunächst nach nichts aus und wirken recht harmlos. Aber es bedarf einer Strategie. Als Erstes sortiere ich alle Randstücke auf einen separaten Haufen. Uhh, da ist eine ganze Menge Gelbes dabei: Hellgelb, sonnengelb, ockergelb, pastellgelb … hm.
Ach was, ich lass mich doch nicht einschüchtern. Auf los geht’s los!
Kurze Zeit später bezweifle ich, ob die Teile im Karton noch vollständig sind. Der Rahmen passt nicht zusammen! Kann einfach nicht sein, dass auf der linken Seite ein Stück fehlt und rechts was übrig ist.
Aber gelb ist eben nicht gleich gelb, und eine halbe Stunde später erkennt man endlich die Dimensionen des Bildes. Der Rand ist vollendet. Wie schön. Der Zeitpunkt schreit geradezu nach einer schöpferischen Pause.
Zwischen Staub saugen und Bad putzen lasse ich mich am nächsten Morgen wieder vor dem Puzzle nieder. Mal sehen. Eine üppige Dame in einem grellen Kostüm und mit blonder Haarpracht füllt den vorderen Teil des Bildes. Ich sammele die pinkfarbenen, nach gemustertem Kostüm aussehenden Stücke zusammen, und puzzle recht zügig ihr Hinterteil. Ja, geht doch!
Der Herr daneben, im lilafarbenen Anzug will nicht so recht Gestalt annehmen. Ich widme mich erst mal den markanten Objekten und puzzle Autos und einen Umzug mit zahlreichen Menschen.
Einige Tage und 798 Puzzleteile später sieht das Ganze schon sehr strukturiert aus. Das Laubwerk diverser Bäume in frühlingsgrün, dunkelgrün, grasgrün und smaragdgrün ist eine echte letzte Herausforderung, bevor die in diverse Brauntöne getauchten Baumstämme fast einfach daherkommen.
Bei den letzten ungefähr fünfzig Teilchen gibt es dann kein Halten mehr.
Gefühlt geht es immer schneller voran und die Euphorie wächst.
Dann ist es vollbracht!
Tataaa! Das letzte Puzzleteil von sage und schreibe tausend Teilen wird feierlich an seinen Platz geschoben.
Nun liegt das vollendete Werk in einer Größe von 40x60cm auf meinem Schreibtisch herum. Und schon fängt es an zu stören …
Hm, im handlichen Karton war es doch sehr viel platzsparender. Bringe ich es über das Herz alles wieder zu zerstören?
Und wenn ich den Karton im Spieleschrank verstaue, muss ich dann auch vorher dort für Ordnung sorgen?