Es ist Sommer. August. Im günstigsten Fall scheint die Sonne von einem stahlblauen Himmel, die Temperaturen bewegen sich um die 25 Grad und die Regenwahrscheinlichkeit ist verschwindend gering.

Ich liebe es, am frühen Morgen mit der letzten Tasse Kaffee von der Terrasse in den Garten zu schlendern, links und rechts die Blumenbeete zu bewundern und dem Obst beim Wachsen zuzusehen. Der laue Sommerwind verteilt einen verführerischen Duft-Cocktail aus frischem Gras, Obst, Lavendel, Erde und bunt blühenden Blumen in der Luft.

Am Ende meines Rundganges betrachte ich verträumt die schöne, alte Hecke, die unseren Garten umgibt und vor neugierigen Blicken zufälliger Passanten schützt.
Oh je, ist ja ganz schön gewachsen!
In diesem Moment kommt der Luxusschlitten einer der Nachbarn um die Ecke. Betont langsam tuckert er an unserer Hecke vorbei, denn der auf Hochglanz polierte Lack kommt den stacheligen Ästen gefährlich nah. Die Fahrerin verrenkt gespielt den Hals, um an den Zweigen vorbei auf die Straße sehen zu können. Na, so schlimm ist es nun auch wieder nicht!

Aber okay, überredet: Der freie Tag wird heute der Gartenarbeit gewidmet. Hecke schneiden ist zwar eine Nummer zu groß für mich, aber ich könnte ja schon mal den Rasen auf ein normales Level bringen und die Blumenbeete vom Unkraut befreien. Gesagt – Getan.

Fröhlich pfeifend beginne ich den Mäher über den Rasen zu schieben.

Mein lustiges Liedchen verstummt abrupt, als sich das Kabel (Erraten, ein Elektromäher! Mit doppelter Verlängerungsschnur!) das zweite Mal um den Mirabellenbaum wickelt und wiederholt „Absonderungen“ diverser Kleintiere meinen Weg kreuzen. Puh!

Kurze Zeit später zeigt der Schrittzähler mehrere tausend Schritte an. Mein Mähparcours über die huckelige, moosige Wiese ersetzt locker das ein oder andere Fitness-Workout!

Drei lange Stunden und zwei Eimer voller Unkraut später sitze ich schwitzend mit der zweiten Literflasche Wasser auf der Wiese. Die Begeisterung über den eigenen Garten ist einer angestrengten „Augen-zu-und-durch-Erkenntnis“ gewichen.

Eine kleine Ameisentruppe macht sich beschwingt auf den Weg in mein linkes Hosenbein. Ich bin sicher, sie und ihre Millionen von Verwandten, die ich beim Mähen traf, werden die Herrschaft über den Garten in Kürze an sich reißen.
Müde schaue ich in die Runde: Hm, die Bäume müssten dann auch mal wieder fachmännisch geschnitten werden. Mannomann, gibt es in diesem Jahr viele Pflaumen. Im Geiste sehe ich mich schon Entsteinen, Einkochen und zu Mus verarbeiten.

Und erst der Apfelbaum: Majestätisch thront er mittendrin. Die schweren, vollen Äste hängen bereits bedrohlich nah am Boden. Selbst gebackener Apfelkuchen, Apfelgelee, eingekochte Äpfel, Apfelmus, Bratapfel, getrocknete Äpfel … hm lecker.

Schön, aber das muss ja nicht heute sein. Mit schmerzenden Gliedern rolle ich den Rasenmäher in Richtung Gerätehäuschen.

Ach stimmt, da war ja noch was: Ausrangierte Gartenstühle, die Fahrräder, der Kinderroller mit dem „Plattfuß“, und eine schier unzählige Menge von Blumentöpfen, Sandspielzeug und Gartengeräten stapeln sich in einem bunten Durcheinander. Wann hat sich das denn alles angesammelt? Schnell schiebe ich das Gerät auf die letzte, freie Fläche und schließe entschlossen die Tür.

Zurück auf meiner Terrasse mit Blick über den ganzen Garten habe ich den nötigen „Sicherheitsabstand“ zu Unordnung und Unkraut. Ich braue mir einen leckeren Milchkaffee und die Welt ist vorübergehend wieder im Lot.

Heute Abend könnten wir ein paar Leute zum Grillen einladen und bei gut gekühlten Getränken den lauen Sommerabend genießen. Und morgen rufe ich den Gärtner meines Vertrauens an, der mir dann die widerspenstige, stachelige Weißdornhecke schneidet. Das Leben mit eigenem Garten ist doch wunderbar! Oder?

Ich liebe meinen Garten. Ehrlich!