Waschen, spülen, kleistern …

Manchmal ist er mühsam, der Alltag. 

Um sieben läuten die Glocken der benachbarten Kirche den Montag ein und ich gebe den Versuch auf, noch ein halbes Stündchen weiterzuschlafen. Steif und mit etwas „Kreislauf“ klettere ich aus dem Bett und freue mich auf eine heiße Dusche. Gedanklich sortiere ich schon die Wäsche. Die Lieblingsjeans, der warme Fleece-Pullover und der Kuschelpyjama müssen unbedingt vor unserem Nordseetrip noch gewaschen werden.

Bereits vor dem Frühstück hantiere ich also im Keller mit der Feinwäsche herum: Flüssiges Waschmittel, 30 Grad, Wasser aufdrehen und los geht es.

Anschließend packe ich voller Elan das Altglas, die Getränkekiste und den Einkaufskorb ins Auto und erledige lästige Wege. 

Wieder daheim freue ich mich auf die erste Auszeit des Tages. Für eine halbe Stunde mache ich es mir mit der Tageszeitung und einem Latte Macchiato in meinem Sessel am Fenster bequem.  
Kurz danach ist die Waschmaschine fertig und ich begebe mich mit einer neuen Ladung Wäsche in den Keller. Perfektes Timing!

Erstmal das Frischgewaschene aufhängen. Die Kochwäsche einfüllen. Waschmittel, 60 Grad, Start! 
Ich stelle die Flasche zurück und stutze. Hm, das flüssige Waschmittel sieht anders aus als sonst. 

Zwei identische Flaschen stehen auf der Maschine, wobei die Flüssigkeit in der rechten sehr viel heller ist. Die linke Variante sieht aus, wie ein Flüssigwaschmittel so aussieht: grellblau. 

Verunsichert schaue ich mir die Flasche genauer an. 

Zwischen den Waschanweisungen steht in krakeliger, blauer Kugelschreiberschrift: Kleister! Und unter den empfohlenen Gradzahlen entdecke ich den Hinweis: Müll!
Kraftlos lasse ich mich auf den Hocker neben der Maschine fallen. Das kann jetzt nicht wahr sein, oder? Wer zum Teufel kommt auf die Idee, alten Kleister in eine harmlos aussehende Flasche mit Ariel-Etikett zu füllen? 

Natürlich weiß ich, welcher Schelm das war. 
Vor etwa einem halben Jahr hat mein Mann mit Leidenschaft ein Zimmer im ersten Stock tapeziert und eben diesen hellen, cremigen und, ja, nach Waschmittel aussehenden Kleister sorgfältig angerührt. 

Ich habe die Ladung 30-Grad-Wäsche mit Kleister gewaschen! Super! 

Die „sauberen“ Shirts und Hosen sehen völlig harmlos aus. Ängstlich untersuche ich meine neue Jeans von allen Seiten. Scheint normal, riecht nur nicht so frisch wie sonst nach der Wäsche. 

Sicher ist die Kleidung jetzt besonders weich und kleb… äh … anschmiegsam. Und die ein oder andere rissige Stelle hält nun, dank Kleber, noch ein Weilchen länger. 

Ich betrachte die Waschmaschine, in der sich die Kochwäsche mit dem „echten“ Waschmittel dreht. Sieht aus wie immer. 

Unsere Maschine hat schon ein bewegtes Leben hinter sich. Im wahrsten Sinne des Wortes:

Vor einiger Zeit machte sie einen besonders altersschwachen Eindruck. Bei jedem Schleudergang wackelte sie auf ihrem Podest ein paar Zentimeter hin und her. 
Eines Morgens kam es zum Eklat: Das vertraute Schleudergeräusch wich einem anschwellenden Krach, dem unbekanntes Geklapper folgte. 
Ich war noch nie so schnell im Keller. Dort bot sich mir ein erbärmliches Bild: Die Maschine hatte so viel Schwung entwickelt, dass sie das Gleichgewicht verloren hatte und nach vorne gekippt war. Die Trommel mühte sich im Liegen ab und bewegte sich hilflos auf dem unebenen Kellerboden. 

Sie hat es überlebt und seit jenem Tag zieren vier unauffällige Antirutschvibrationsplöngs ihre Standfüße. Jetzt musste sie auch noch mit Kleister in ihrem Inneren klarkommen.

Wenn ein Tag schon so beginnt, sollte man ruhig und geordnet wieder zurück ins Bett gehen. 

Kurz erwäge ich diese Option, stelle dann aber doch die übervolle Spülmaschine an und achte dabei penibel auf die Wahl des Spülmaschinentabs.

Nicht, dass versehentlich eine Magnesiumbrausetablette mit Orangengeschmack den Weg in die Spülkammer findet. 

Dabei erinnere ich mich lebhaft an ein früheres Spülmaschinen-Spektakel.

Geschirrspüler sind in unserem Haushalt nämlich auch ein sensibles Thema und führen manchmal ein Eigenleben. Besonders nachts. 

In einer ehemaligen Wohnung hatte unser sonst noch sehr rüstiges Gerät gravierende Inkontinenzprobleme. Als ich eines Morgens aufwachte und meine Füße beim Aufstehen im nassen Teppichboden versanken, wurde mir angst und bange. Aus der Küche war ein stetiges Rauschen zu vernehmen. So als hätte jemand den Wasserhahn zur Hälfte aufgedreht. 

Schlaftrunken eilte ich durch den fußnassen Flur in die Küche, wo sich die schlimmsten Befürchtungen als wahr erwiesen:
Der Wasserstopp hatte aus unerfindlichen Gründen seinen Dienst aufgegeben und das flüssige Nass verteilte sich gleichmäßig, offensichtlich bereits seit einigen Stunden, in den Räumlichkeiten. 

Wir wohnten in der zweiten Etage und bei genauerer Untersuchung unserer Wohnung atmeten wir kurz durch, denn außer dem Teppichboden, der sicher erneuert werden musste, schien so gut wie kein Schaden entstanden zu sein. 

Als ich eine Stunde später das Haus verließ und an den beiden Läden im Erdgeschoss vorbeiging, sank mir das Herz in die Kniekehle. Triefendnasse Teppiche lagen vorm Eingang und der Blick in die Geschäfte richtete sich auf Wände, deren Tapete pappig Richtung Fußboden fiel. 

Der eilig herbeigerufene Versicherungsvertreter orderte seinen Kollegen aus der Hauptstelle („… bei größeren Fällen darf ich das nicht selbst entscheiden …“) in unsere Wohnung, um den Schaden zu begutachten und am Abend zierten fünf Trocknungsgeräte unser Zuhause.

Das Klima glich schnell dem in den Tropen: Knappe 30 Grad bei maximaler Luftfeuchtigkeit. Hinzu kam ein zermürbendes Dauerbrummen knapp unter der erlaubten Dezibel-Marke. 

Wir packten unsere Koffer und bezogen vorübergehend die Ferienwohnung meiner Eltern.

Ja, stimmt, das Reiseziel passend zum subtropischen Ambiente wäre schöner gewesen, aber erst musste der Schaden definitiv ein Versicherungsfall werden.

Die Angelegenheit ist glimpflich ausgegangen. Zum Glück. Die Wohnung bewohnt inzwischen jemand anderes. Wir leben seit einiger Zeit in einem freistehenden Eigenheim, in dem mindestens genauso viele Möglichkeiten für potenzielle Katastrophen vorhanden sind. 

Also: Sollte ich es wagen, an diesem Montag das Haushaltsmanagement fortzusetzen?
Da wäre noch die Espressomaschine, die mich seit ein paar Tagen auf ihrem Display freundlich auffordert: „Bitte entkalken …“

Och nee, lieber nicht. Morgen ist auch noch ein (All-)tag.:-)